IG Transparente Berufbildung

Naturheilpraktiker Schweiz

Akteneinsichtgespräch persönlich in der OdA AM Geschäftsstelle in Solothurn

Glücklicherweise hat sich das Setting des Gesprächs stark verbessert und die Gesprächsführung ist professioneller geworden. Leider ist es immer noch so, dass nicht klar aus dem Gespräch hervorgeht, was für eine nächste Fallstudie geändert werden müsste um diese zu bestehen. Keine der Anwesenden hat Kenntnis der Fallstudie der Proband*innen und kann daher nicht differenziert auf den vorliegenden Bewertungsbogen und das Bewertungsraster eingehen. Es ist zu empfehlen eine zweite Person des Vertrauens mitzunehmen. (Stand November 2020)

HFP Frühjahr 2017: Beispiel eines negativen Prüfungsentscheides

Vorgeschichte

Ich, weiblich, Jahrgang 1963, habe mein TCM-Diplom in Akupunktur und Phytotherapie TCM 2003 an der TaoChi-Schule in Zürich gemacht. Anschliessend absolvierte ich im selben Jahr die Prüfung des Berufsverbandes SBO-TCM. Seit 2005 arbeite ich zu hundert Prozent in meiner eigenen Praxis.

 

2015 entschloss ich mich auf Anraten des SBO-TCM, die Tuina-Passerelle zu machen, um dann die HFP in Akupunktur, Phytotherapie TCM und Tuina zu absolvieren. Die Passerelle besuchte ich im Frühling 2016 am Chiway in Winterthur. Bald darauf meldete ich mich zur Prüfung für den Frühling 2017 an. Da der Prüfungsvorbereitungskurs am Chiway aufgrund der stark limitierten Teilnehmerzahl sehr früh ausgebucht war, entschied ich mich, die Prüfungsarbeit P1 ohne Vorbereitungskurs zu schreiben. So war ich zeitlich unabhängiger, war ich doch bei der Fallwahl stark eingeschränkt, weil ich einen Patienten wählen musste, den ich auch mit Tuina behandelt hatte, das ich ja eben erst erlernt hatte.

 

Der komplizierte und unübersichtliche Leitfaden für die Fallstudie P1 stellte sich leider als unsicheres Hilfsmittel heraus. Ich hoffte, unter grossem Zeitaufwand seine Tücken überwinden zu können. Als Krankenschwester AKP und Betriebswirtschafterin Lic. Phil. 1 müsste mir dies, so dachte ich, möglich sein. Die mündliche Prüfung P2 fiel mir leicht.

 

Geschehnisse nach der Prüfung

 

Mitte April erhielt ich den Prüfungsentscheid per eingeschriebenem Brief. Der Poststempel enthielt kein Datum. Die Mitteilung war mit dem Datum 11.4.2017 versehen. Natürlich war ich enttäuscht und brauchte einige Tage, bis ich mich zur Prüfungseinsicht anmeldete, die etwa in zwei Wochen am 29.4.2017 in Solothurn stattfinden sollte.

 

Ich rief das OdA-Sekretariat an. Frau Urfer meinte freundlich, der ganze Samstagmorgen sei bereits belegt. So müsse sie mich halt auf 13.30 – 14.00 Uhr eintragen. Diesen Termin bestätigte sie mir per E-mail am 20.4.2017. Meine Frage, ob ich meinen Mann mitnehmen dürfe, beantwortet sie mit: "Ja, vier Augen und Ohren hören und sehen mehr als zwei."

 

Prüfungseinsicht

 

Als wir am Samstag dort ankamen, hörten wir aus dem Sitzungsraum Stimmen. Eine Frau versuchte ihre Arbeit zu rechtfertigen, gab dann aber auf. Auf das Gehörte hin legte ich mir nochmals zurecht, dass ich nicht hier war, um mich zu rechtfertigen, sondern um herausfinden, was ich bei einer Wiederholung der Prüfung besser machen musste, oder ob es sinnvoll war, Rekurs einzureichen. Als ich bemerkte, dass im Sekretariat jemand  war, ging ich hin. Ich traf eine Frau mittleren Alters. Sie hiess nicht Frau Urfer. Ich fragte kurz, worum es bei der Prüfungseinsicht gehe und sagte ihr, dass mir der Leitfaden wenig geholfen habe für die Fallstudie, da er viel zu lang und zu kompliziert war. Sie meinte, es gehe hier halt um einen neuen Beruf und vor allem viele Ältere hätten Mühe mit der Prüfung. Bei der Prüfungseinsicht könne ich die Bewertung anschauen.

 

Als ich mit meinem Mann den Sitzungsraum betrat, wurden wir vom Prüfungsleiter Herr Mägli und vom Chefexperten Herr Dudler begrüsst. Die Frau, mit der ich eben noch gesprochen hatte, sass nun auch im Raum ganz hinten als Zuhörerin. Es wurde uns gesagt, sie sei hier um zu lernen. Links von uns an den Tisch setzte sich Herr Mägli an den Computer. Rechts neben mir sass Herr Dudler. Er sollte die Besprechung leiten.

 

Als mir die Bewertung ausgehändigt wurde und ich sie zu lesen begann, wurde mir beinahe übel. Ich konnte sie in keinem einzigen Punkt nachvollziehen und meinte entsetzt: "Aber das habe ich doch alles geschrieben! Das steht doch alles in meiner Arbeit!" Der Chefexperte erwiderte, dass dies offensichtlich nicht der Fall sei und fragte mich, was ich denn nicht verstehe. Er begann nun Punkt für Punkt mit mir durchzugehen. Dabei las er mir die Bewertung vor und fragte mich, was unklar sei. Ich machte ihm bald deutlich, dass ich den Wortlaut der Sätze sehr wohl verstehen konnte, nicht aber die Bewertung. Denn ich meinte, dass ich die ungenügenden Punkte doch ausführlich beschrieben hatte in der Arbeit. Als es um das als ungenügend bewertete Thema Ressourcen ging und ich sagte, dass ich diesem doch extra ein separates Kapitel gewidmet hätte, nahm Herr Dudler die Falllstudie, die ich zur Besprechung mitgebracht hatte und blätterte wahllos darin. Jetzt wurde mir klar, dass er die Arbeit zuvor nicht angeschaut hatte und ich schöpfte den Verdacht, dass es hier nicht darum ging, mir zu helfen, meine Fehler zu verstehen. So ging es weiter, bis sich Herr Mägli einschaltete mit der Bemerkung an Herrn Dudler: "Lass es. Ich mache es."

 

Er gab mir in harschen Ton kurz und bündig zu verstehen, dass ich die Kriterien nicht erfüllt hätte. Es half nichts, dass ich versuchte einzuhaken und kundtat, ich fände, dass ich den Punkt, um den es gerade ging und der mir als ungenügend angelastet wurde, in meiner Arbeit sehr wohl ausführlich beschrieben hätte. Ein konstruktives Gespräch war unmöglich. Alles, was ich sagte, wurde zerrissen oder zurückgewiesen. Irgendwann stoppte ich mit der Bemerkung, dass mir die Besprechung auf diese Weise nichts bringen würde.

 

Als Herr Mägli meinte, ich hätte eben dies und jenes noch dazu schreiben müssen, rief ich: "Dazu hatte ich doch gar keinen Platz mehr wegen der Seitenzahlbeschränkung! Ausserdem musste ich über drei Behandlungsarten Akupunktur, Kräuter und Tuina schreiben!" Darauf meint er, dann hätte ich eben den falschen Fall gewählt.

 

Mein Mann hatte lange schweigend neben mir gesessen. Da er mir beim Korrigieren geholfen hatte, kannte er meine Fallstudie. Jetzt griff er ein: "Meine Frau hat einen Fall aus der Praxis beschrieben, der ganz und gar auf Tatsachen beruht. Wenn ihr das nicht wollt, dann muss man halt "bescheissen" (wörtlich)." Alle blieben ruhig. Keiner gab eine Antwort.

 

Herr Mägli sagte noch, wenn die Prüfung sowieso zu schwierig gewesen sei für mich, dann hätte ich halt nicht noch Tuina dazu wählen müssen um es noch zu komplizieren.

 

Ich fühlte mich immer kleiner. Trotzdem wiederholte ich mehrmals: "Ich bin hier um zu verstehen, was ich bei einer Prüfungswiederholung besser machen muss." Jetzt stellte ich dazu klar: "Aber bisher habe ich dazu überhaupt keine Angaben erhalten!" Dies war offensichtlich nicht das Ziel der Experten. Sie konnten mir keine einzige Bewertung erklären!

 

Als ich zum x-ten Mal wiederholte: "Das habe ich doch geschrieben!", meinte Herr Mägli: "Dann müssen Sie halt Rekurs einreichen." Ich überlegte und meinte fragend: "Aber ihre Bewertung ist ja Ermessenssache?!" Darauf antwortet er: "Ja, wenn es Ermessenssache ist, müssen Sie keinen Rekurs einreichen, dann kommen Sie nicht durch. Sie müssen klare Fakten bringen. Und überhaupt sind Sie ja gar nicht so blöd (wörtlich!). Sie haben ja die mündliche Prüfung bestanden. Zudem haben sie jetzt ein Jahr Zeit, um die Prüfung zu wiederholen. So, und nun haben wir die Zeitlimite sowieso schon um zehn Minuten überschritten. Ich habe jetzt Hunger und gehe essen." Dann stand er auf. Obwohl mein Mann und ich so unhöflich behandelt wurden, verabschiedeten wir uns freundlich.

 

Ich war fix und fertig, mein Mann auch. Ich verstand  nach der 40 Minuten dauernden Besprechung überhaupt nicht, was ich falsch gemacht hatte oder was ich verbessern musste bei einer Prüfungswiederholung. Es war mir nur klar geworden, dass ich keine Antwort auf meine Fragen erhalten hatte und dass die Prüfungseinsicht einzig dazu diente, mir verständlich zu machen, dass ich keinen Rekurs einreichen sollte.

 

Am nächsten Arbeitstag, ich bin nicht mehr sicher ob es der 1. oder der 2. Mai 2017 war, erhielt ich einen Brief der OdA. Darin stand, dass ich die Prüfung zum nächst möglichen Termin wiederholen müsse, also in einem halben Jahr, ansonsten würde ich den bestandenen Prüfungsteil verlieren.

 

Ich war sehr erstaunt. Davon hatte ich bis jetzt weder gelesen noch gehört. Im letzten Brief war noch gestanden, dass ich ein Jahr Zeit hätte zur Wiederholung und Herr Mägli hatte dies während der Prüfungseinsicht bestätigt. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mir jetzt etwas Zeit zu geben, um mich von den Strapazen zu erholen und das weitere Vorgehen zu überlegen. Diese Zeit fehlte mir jetzt und ich entschloss, mich sofort zur nächsten Prüfung anzumelden, da meine verbleibende Energie nach der aufwändigen schriftlichen Prüfungsarbeit und der mündlichen Prüfung so ohne Pause nicht ausreichen würde, um Rekurs einzureichen. Zudem waren meine Patientenzahlen in der Praxis so stark gesunken, dass mein Einkommen nicht mehr ausreichte und ich schon von meinem Ersparten lebte.

 

So rasch als möglich meldete ich mich für einen Prüfungsvorbereitungskurs an. Zum Glück fand ich noch einen Platz. Im Kurs wurde mir klar, dass ich die Prüfung ohne die genauen Hinweise des Kursleiters gar nicht hatte bestehen können! - Heute habe ich die HFP bestanden. Ich empfinde sie als eine Farce.